Die Eiserne Krone der LangobardenIInsgesamt zweiundzwanzig Edelsteine, davon vier farblose Steine, sieben blaue Saphire, vier violette Amethyste und sieben rote Granate schmücken den breiten, sechsteiligen und grün-emaillierten Goldreif, der im Domschatz zu Monza in Oberitalien im Altartabernakel in der Kapelle der Theudelinde des Doms von Monza aufbewahrt wird. Es ist die „Eiserne Krone der Langobarden“.
Nach Eisen sucht man allerdings vergeblich an dem alten Schmuckstück, daß einst so viele gekrönte Häupter zierte.

Das Innere der mittlerweile sehr zerbrechlichen, goldenen Krone wird zwar von einem Metallring zusammengehalten, dabei handelt es sich allerdings um fast reines Silber, das im Jahr 1345 der Königskrone beigefügt wurde, um sie zu stabilisieren, da sie, verschiedenen Quellen zufolge, damals schon sehr alt war.
Doch wie kam die Eiserne Krone denn jetzt zu ihrem Namen, wo doch erwiesenermaßen gar kein Eisen an der Krone zu finden ist und sie wie alle anderen hauptsächlich aus Gold besteht?
Es wird vermutet, daß sie in früheren Zeiten, zu ihrer Entstehung, einen eisernen Bügel gehabt haben könnte. Aber wer macht sowas?? Warum sollte man an eine goldene Königskrone einen Bügel aus schnödem, glanzlosem Eisen anbringen?
Der Legende nach soll dieser eiserne Bügel aus einem Nagel angefertigt worden sein, der aus jenem Kreuz stammte, an dem Jesus von Nazareth einst sein irdisches Leben ausgehaucht hatte. Wobei nicht ganz klar ist, ob es sich bei besagtem Stück Eisen um einen Nagel handelte, der das Kreuz selbst zusammenhielt, oder um einen der Nägel mit denen man den Erlöser der gängigen, damaligen Praxis nach, an selbigem befestigt hatte…
Flavia Iulia Helena von Konstantinopel (ca.248/250 – vermutlich um das Jahr 330), unter Katholiken besser bekannt als „die Heilige Helena“ und Mutter des römischen Kaisers Flavius Valerius Constantinus, auch bekannt als „Konstantin der Große“ oder „Konstantin I.“, soll diesen eisernen Nagel, den sie samt der Reste des dazugehörigen Kreuzes bei Ausgrabungen um das Jahr 325 gefunden haben will, ihrem Sohn gegeben haben. Ob er veranlasste, den heiligen Nagel in seine Königskrone einzuarbeiten? Man weiß es nicht, denn sein Verhältnis zum Christentum ist recht umstritten. Und überhaupt … wäre für ihn als römischer Kaiser ein Lorbeerkranz als Kopfputz nicht sinnvoller gewesen, als eine Krone? Wie kommt denn jetzt der heilige, eiserne Nagel, der einst einem römischen Kaiser gehört haben will, in die Königskrone der Langobarden und wer waren diese Langobarden überhaupt?
Nun, die Krone gab es vermutlich zu Lebzeiten des Kaisers Konstantin I. wohl noch nicht, denn er starb im Jahr 337. Chemische Analysen einzelner Bestandteile der Krone lassen vermuten, daß sie um die Jahre 450/500 und um das Jahr 800 entstand. An dieser Krone wurde offensichtlich sehr lange und sehr oft herum gebastelt…  Wohl aber mag der Heilige Nagel als wohl gehütete Reliquie von einer Herrscherfamilie zur nächsten weiter gewandert sein, bis jemand entschied, ihn als heiliges Symbol der Macht an die Krone zu schmieden.Wappen des Königreichs Italien mit der Eisernen Krone als Helmzier
Die Entstehungszeit der Krone fällt in die Zeit der Völkerwanderung und in die Herrschaftszeit der Langobarden in Italien.
Das Königreich der Langobarden war ein frühmittelalterliches germanisches Königreich, daß in den Jahren 568-569 von den Langobarden gegründet wurde, als sie Italien überfielen. Sie machten die Stadt „Ticinum“ zu ihrer Hauptstadt. Die Stadt gibt es noch und heißt heute „Pavia“. Sie liegt im Norden Italiens in der südwestlichen Lombardei an den Ufern des Flusses „Ticino“, etwa 35 Kilometer südlich von Mailand. Dem Ort, wo heute die Krone sorgsam aufbewahrt wird.
Die Herzöge der Langobarden führten ab dem 6. Jahrhundert lieber den Titel „König“. Und als solcher braucht man natürlich eine Krone. Der Gründer des Langobardenreiches in Italien war König Alboin (568 – 572). Er führte keinen gewöhnlichen Feldzug an, sondern verlegte kurzerhand sein gesamtes Volk auf die italienische Halbinsel. Nach ihm folgte über die Jahrhunderte eine lange Liste weiterer Könige, bis der letzte langobardische König der Langobarden „Desiderius“ (757 – 774) von den Franken unter Karl dem Großen im Jahre 774 abgesetzt wurde. Karl der Große nahm nun selbst mit der Eisernen Krone, die hier ausdrücklich erwähnt wird, den Titel „Rex Langobardorum“ – König der Langobarden an, was gleichbedeutend war mit „König von Italien“.
Die Eiserne Krone fand sogar eine Platz im Wappen des Königreiches Italien, wo sie als Helmzier abgebildet ist.

In den Jahrhunderten danach war dieses Königreich ein Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches. Das Königreich Italien erstreckte sich allerdings nicht auf die komplette italienische Halbinsel. Zeitgleich entstanden im Süden kurzzeitig das Königreich Sizilien und das Königreich Neapel. Nach Karl V. (1500 – 1558), ein Angehöriger des Herrscherhauses Habsburg und zu seiner Zeit kein geringerer als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, verlor der Titel „König von Italien“ dann an Bedeutung und nach ihm wurde kein Kaiser mehr zum König von Italien gekrönt.
Im Jahre 1805 schließlich, wurde Napoleon Bonaparte, der bis dahin Präsident der mittlerweile Italienischen Republik gewesen war, im Mailänder Dom mit der Eisernen Krone zum Oberhaupt des französischen Satellitenstaates namens „Königreich Italien“ gekrönt. Mit der Abdankung Napoleons im Jahre 1814 allerding, existierte dann auch dieses alte Königreich nicht mehr. Sein Sohn, Napoleon Franz Bonaparte führte noch bis 1814 den Titel „König von Rom“, aber einen König von Italien gab es in den folgenden Jahrzenten nicht mehr.  Im Jahre 1861 wurde der Titel unter dem Haus Savoyen im Zusammenhang mit der Vereinigung Italiens zu einem Nationalstaat kurzzeitig wieder eingeführt, bis 1946 die Monarchie als Staatsform per Referendum abgeschafft und durch eine Republik ersetzt wurde.
Seit dieser Zeit fristet die nutzlos gewordene, ehwürdige, alte Insignie ihr Dasein im Dom von Monza und kann dort bestaunt und bewundert werden, während sie weiterhin das Geheimnis ihrer Entstehung und ihrer Namensgebung für sich behält und zugleich dem ein oder anderen Romantiker Stoff für Mythen und Legenden liefert.

 

Text: Nadja von der Hocht

Beitragsbild:  James Steakley, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Bild: Wappen des Königreichs Italien mit der Eisernen Krone als Helmzier:  Katepanomegas, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons